Geburt während der Pandemie – ein Blick in den Kreißsaal
Hanau, 03. Mai 2021. Zum internationalen Hebammentag am 5. Mai 2021 gibt Hebamme Vanessa Schwade Einblick in den Kreißsaal des Klinikums Hanau und erläutert die Abläufe.
Wussten Sie, dass eine Hebamme ohne Arzt einem Kind auf die Welt helfen darf, ein Arzt jedoch nicht ohne Hebamme?! Seit 30 Jahren wird deshalb jährlich am 5. Mai der internationale Hebammentag begangen und soll die Bedeutung des Berufsbildes hervorheben. Gerade in der aktuellen Zeit wird immer häufiger deutlich, wie wichtig die Erfahrung und Tipps einer gut ausgebildeten Hebamme sind. Vanessa Schwade, leitende Hebamme im Kreißsaal des Klinikums Hanau, spricht im Interview über die größten Herausforderungen in der Pandemie und gibt werdenden Eltern Tipps für die bevorstehende Geburt.
Was ist bei einer Geburt während der Pandemie im Vergleich zu normalen Zeiten hauptsächlich anders?
Schwade: Im Moment ist die Atmosphäre im Kreißsaal wesentlich ruhiger, weil einfach viel weniger Menschen unterwegs sind und weniger Besuch kommen darf. Das sehe ich als riesen Vorteil für Gebärende. Oft war es so, dass draußen schon die ganze Familie gewartet hat, jetzt kann sich die Frau gemeinsam mit ihrer festen Begleitperson – in den meisten Fällen ist das der Vater des Kindes – auf die Geburt konzentrieren. Außerdem anders ist, dass die Anmeldung zur Geburt aktuell nicht persönlich, sondern telefonisch erfolgt und sowohl die Schwangere als auch die Begleitung bei Aufnahme mittels Antigen-Schnelltest auf eine Corona-Infektion getestet werden. Zusätzlich erhält die Schwangere außerdem noch einen PCR-Abstrich.
Wie kommen Schwangere in den Wehen am schnellsten zu Ihnen in den Kreißsaal?
Schwade: Wenn sie das Gefühl haben, dass es losgeht, dann können sie sich telefonisch ankündigen und direkt auf den Weg zu uns machen. Aktuell müssen sich die Schwangeren in unserem Schleusencontainer (nachts am Pförtnerhäuschen) anmelden und werden von dort direkt zu uns in den Kreißsaal weitergeleitet.
Können Gebärende sich weiterhin frei bewegen und müssen Sie eine Maske oder einen Mund-Nasen-Schutz tragen?
Schwade: Na klar, sie können sich jederzeit frei bewegen und auch die verschiedenen Gebärmöglichkeiten wie Wanne oder Hocker nutzen. Unter Wehen und der Geburt muss die Frau keine Maske tragen – das kann man auf keinen Fall verlangen. Sollte sie aber über den Flur laufen, muss sie zum Eigen- und Fremdschutz eine FFP2-Maske tragen.
Darf der Partner die Schwangere begleiten?
Schwade: Ja, der Partner darf dazukommen, sobald die Frau fest einen Kreißsaal bezieht, also sobald klar ist, dass sie nicht mehr nach Hause oder auf die Station geht. Nach der Geburt kann er täglich für eine Stunde zu Besuch auf die Eltern-Kind-Station kommen oder gemeinsam mit Frau und Kind ein Familienzimmer beziehen – dann darf er das Gelände allerdings nicht mehr verlassen und muss während des Aufenthalts möglichst im Zimmer bleiben.
Welche besonderen Hygienemaßnahmen muss der Partner beachten?
Schwade: Neben dem Covid-Abstrich muss er dauerhaft eine FFP2-Maske tragen, außer wenn er alleine mit Partnerin und Kind im Zimmer ist natürlich. Und er sollte seinen Radius begrenzen und nicht übermäßig viel über das Gelände spazieren.
Was ist, wenn eine Schwangere Covid-19 positiv ist?
Schwade: Für solche Fälle halten wir einen Kreißsaal nur für Covid-Fälle vor. Die Hebamme und der Arzt tragen dann die volle Schutzausrüstung. Für Baby und Mutter sind außerdem besondere Hygienemaßnahmen vorgesehen, stillen ist aber beispielsweise in jedem Fall möglich – nur auf Besuch muss dann leider verzichtet werden.
Wie erleben Sie die Paare in der aktuellen Zeit?
Schwade: Also, natürlich haben beide wesentlich mehr Fragen als sonst, aber insgesamt erlebe ich die Paare zurzeit einander sehr zugewandt, als Team und wesentlich gefestigter als vor der Pandemie. Das ist sehr schön zu sehen.
Was ist für Sie als Hebamme die größte Herausforderung in der Pandemie?
Schwade: Die größte Herausforderung ist es, die Begleitperson zu ersetzen, solange diese noch nicht da ist. Auch das Arbeiten mit Maske, oder im schlimmsten Fall in kompletter Schutzausrüstung, erschwert die Arbeit schon sehr. Ich finde es auch so wahnsinnig schade, dass ich der Frau unter den Wehen nicht einfach mal ein aufmunterndes Lächeln schenken kann, denn das bewirkt oft schon ganz viel. Aber ich gebe mir Mühe meine Augen sprechen zu lassen und nach so langer Zeit gewöhnt man sich zum Glück auch ein bisschen an das veränderte Arbeiten. Trotzdem freue mich auch auf etwas „normalere“ Arbeitsbedingungen.
Welchen Tipp würden Sie werdenden Eltern zur Vorbereitung mit auf den Weg geben?
Schwade: Zu aller erst: Durchatmen. Eine Geburt, ist eine Geburt. Im Prinzip sind es immer die gleichen Wege – ob mit oder ohne Pandemie, jede Geburt ist ganz individuell. Trotzdem gibt es ein paar Grundpfeiler, die die Natur vorgesehen hat. Einen Online-Geburtsvorbereitungskurs besuchen und sich einzulesen hilft auf jeden Fall, um gut vorbereitet in die Geburt zu gehen.
Über das Eltern-Kind-Zentrum
Das Eltern-Kind-Zentrum des Klinikums Hanau ist spezialisiert auf Risikoschwangerschaften, Früh- und Mehrlingsgeburten sowie Schwangerschaftsdiabetes. Als einziges Perinatalzentrum der höchsten deutschen Versorgungsstufe (Level 1) im Main-Kinzig-Kreis arbeitet das Team jeden Tag unter dem Motto „Geburt in Sicherheit und Geborgenheit“ und bietet als einziger Hanauer Kreißsaal mit jederzeit anwesendem Kinderarzt – auch der gesunden Schwangeren – maximale Sicherheit. Die Kinderklinik des Klinikums, mit der dort vorhandenen neonatologischen Intensivstation, rundet das Angebot ab. Im Jahr 2020 kamen im Eltern-Kind-Zentrum des Klinikums Hanau bei 1.376 Geburten 1.407 Kinder zur Welt. Und auch im Jahr 2021 ist der Kreißsaal des Klinikums beliebt – allein am 29. April kamen dort zehn Kinder am selben Tag zur Welt. Mehr Informationen zum Thema Geburt in der Pandemie erhalten Interessierte online unter: www.klinikum-hanau.de/geburtshilfe